Viel Volks ist unterwegs, Männer alle, mit dem Barett am Hinterkopf. FM ist gestorben und nun sind sie aus allen Teilen Deutschlands angereist: einige Hundert.
Die Glocke der Burgkapelle läutet das Begräbnis ein und zu meiner Überraschung ist es eine katholische Liturgie, gehalten vom Burgkaplan, der selbst zum Priestergewand ein Barett trägt. Ein altes Wandervogellied erklingt. Dann steht der Zug lange vor dem Säulenhaus, die 8 Sargträger haben den Sarg niedergestellt und davor hält ein junger Nerother das Holzkreuz mit dem Namenszug des Toten.
Der Wettergott ist gnädig und ca. 40 Fahnen blähen sich im Wind, an Riesenstangen gebunden, die den Trägern bald zur Last werden. Hunderte Nerother im weißen Festhemd, viele mit einer Trauerflorbinde am Arm, stehen und singen, begleited von schätzungsweise 70 Gitarren. Schrubbi weiß auch nicht, wieso der Zug schon ca. eine halbe Stunde steht und Lied auf Lied erklingt. Ich kann bei einigen Liedern mitsingen „Die Klampfen erklingen, wir wandern und singen“ „Mag auch Tod und Verderben uns drohn, wir hoffen, wir kommen davon, denn wir lieben das Dasein auf der Erden, ewig neues Werden in der weiten Welt.“
Endlich naht des Rätsels Lösung: aus dem Hohlweg werden zwei Pferde sichtbar, die den Leichenwagen für den Toten heranfahren. Der Sarg wird in die Bundesfahne mit dem nerother Schwan gehüllt. Der Zug setzt sich in Bewegung und gelangt durch frühlingshafte Wiesen und Felder zum Friedhof in Dorweiler.
Immerhin zu Dritt repräsentieren Schrubbi, Hotte und ich die ABW, Helge ist leider erkrankt. Als der Sarg ins Grab gesenkt wird, salutieren die Sargträger mit soldatischem Gruss. Eine Rede des Altnerother Sprechers Herbert Reyer, der gesundheitlich verhindert ist, wird verlesen. Der Verstorbene wird als Mann geschildert, der sich an den preußischen Tugenden des Alten Fritz orientierte und dem Treue, Askese und Kontinuität „aushalten“ bescheinigt werden und der sich dadurch selbst zum König adelte: ein Preuße also nach dem geselligen Rheinländer Ölb als Bundesführer auf Lebenszeit.
Prof. Dr. Herbert Reyer kann es dann auch nicht lassen, die Enteignung der Burg durch die Nazis und den Verlust des Geländes an die ABW in einem Atemzug zu nennen, freilich ohne den Namen ABW zu artikulieren.
Es spricht auch ein Vertreter des Jugendbundes, den FM in seiner Identität und versuchter Beeinflussung durch Ältere immer hoch gehalten habe, wobei es ihm weniger um Quantität als um Qualität ging. Das war im Heer der Trauernden mit vergleichsweise wenigen Jugendlichen auch offen sichtbar.
Wie wird es nun weitergehen? Das Verhältnis Nerother Bund-ABW hat sich wohl schon durch einen gemeinsamen Liederabend entspannt, der auf der Waldeck stattfand, weil ihn FM nicht auf „seiner“ Burg haben wollte. Werden sich im Nerother Bund zeitgemässe Veränderungen ergeben oder werden die alten Strukturen und Prinzipien beibehalten? Und wer wird der neue Bundesführer?
Es bleibt weiterhin spannend.
Herbert Swoboda (Swobl)