Interview mit unserem neuen Vorsitzenden

Hotte Schneider im Gespräch mit unserem neuen Vorsitzenden Helge Sponer

HOTTE: Wann und wie kamst du zur Waldeck, Helge?

Das muss so um 1991/92 gewesen sein. Ich war mit zwei Freunden aus meinem Pfadfinderstamm unterwegs, um die sagenumwobene Waldeck kennen zu lernen. Wir hatten damals in einigen jugendbewegten Schriften über sie gelesen und weil wir uns ohnehin für jugendbewegte Formen und den Wandervogel interessierten, wollten wir dieses, in unserer Vorstellung, bündisches Mekka mit eigenen Augen sehen. Zudem hing in unserer Hütte so ein achteckiges rotes Barrett von Walter, unserem Stammesgründer an der Wand und wir wollten wissen, was es damit auf sich hat. Von dem Streit zwischen der ABW und dem Nerother Wandervogel wussten wir seinerzeit nichts.
Wir sind dann Freitag Nachmittag von Wuppertal nach Emmelshausen gefahren, um bei Schloss Reifentahl dann ins Baybachtal zu gelangen.

HOTTE: Wie alt warst du damals?

HELGE: Ich muss so 19, 20 gewesen sein.

HOTTE: Was zieht dich seit dreißig Jahren hierher auf die Burg?

HELGE: Tatsächlich hatte ich nach den Erfahrungen bei unserem Besuch erst einmal lange keinen Bedarf mehr auf die Waldeck zu fahren. Der Empfang auf der ABW war doch damals sehr unterkühlt und entsprach nun überhaupt nicht den Erwartungen an eine bündische Burg. Nicht einmal die eine richtige Burg gab es bei der ABW. Außerdem war der Raum-Zeit-Geld-Widerstand für einen Studenten in Aachen doch recht hoch.
Erst mit den Peter-Rohland-Singewettstreiten gab es wieder einen Grund, die Waldeck zu besuchen.

HOTTE: Jugendbewegung gibt es nun auf der Waldeck seit 100 Jahren. Und seit 100 Jahren galt es, Krisen zu bewältigen. Ich selbst bin genau 50 Jahre in diesem Verein. Immer waren es besonders die Vorsitzenden, die viel zur Bewältigung beigetragen haben. Und oft kam es gar einer Rettung dieses wunderbaren Platzes gleich. Dafür mein Respekt und unsere Dankbarkeit.
Nun hast du dich als Kandidat für diese Aufgabe mit guten Ideen vorgestellt und wurdest deshalb auch auf der letzten Mitgliederversammlung samt komplett neuem Vorstand gewählt. Und gleich wurdet ihr wieder mit Krisenbewältigung konfrontiert. Die Waldeck hat nach umfangreicher Bautätigkeit und existenzbedrohender Pandemie gleich mit einer neuen Krise (Krieg und Energie) zu tun. Wieviel bleibt Dir, angekommen in der Realität, noch Raum und Lust für Visionen?

HELGE: Eine sehr gute Frage. Natürlich waren die vergangenen Monate eine Herausforderung und erst einmal ging es darum die ABW überlebensfähig zu halten. Durch die Pandemie konnten wir unsere Veranstaltungen nicht so wie gewohnt durchführen, das Vereinsleben hat extrem unter den Kontaktbeschränkungen und den Vorsichtsmaßnahmen gelitten und uns sind viele Einnahmen weggebrochen. Das hat den Gestaltungsspielraum natürlich massiv eingeschränkt.

Doch durch den enormen Einsatz von vielen Beteiligten, angefangen bei Sandra, die mit dem Einwerben von Zuschüssen und Geldern die ABW finanziell am Leben erhalten hat, über Modder, der mit einem riesigen persönlichen Einsatz den Umbau des Säulenhauses voran getrieben hat, sowie Schrubbi und Vera, die trotz aller Widrigkeiten und Einbußen dem Platz und dem Verein die Stange gehalten haben und sich über das Maß hinaus eingesetzt haben, bis hin zu den Organisatoren unserer Festivals, die mit kreativen und tollen Ideen die Waldeck zu einem Ort der Kultur in schweren Zeiten gemacht haben. Und natürlich jeder einzelne, den ich jetzt nicht aufführen kann. Allein der Einsatz dieser Menschen ist schon eine Riesenmotivation, eine Rolle, insbesondere meine Rolle, auszufüllen.

Hinzu kommt, dass der jetzige Vorstand, wie auch das Burgteam eine sehr freundschaftliche und respektvolle Art gefunden haben, zusammen zu arbeiten. Ich freue mich jedes Mal, die ganzen Nasen zu sehen. Daher waren wir auch gut beraten damit, uns als eine Gruppe zur Wahl zur stellen, die inzwischen zu einem, so empfinde ich es, Freundeskreis zusammengewachsen ist. Und ich finde, das merkt man auch!
Natürlich wirken sich die Nachwehen der Corana-Pandemie, dem Ukraine-Krieg und Preissteigerungen auch auf die Waldeck aus und ich würde nicht behaupten, dass wir über den Berg sind. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir, aufgrund der eben beschrieben Erfahrungen, auch da durch kommen.

Und insbesondere Krisenzeiten sind auch immer wieder Anstoß für Veränderungen, weil sie uns dazu zwingen, uns zu positionieren und mit den neuen Realitäten klarzukommen. Insofern empfinde ich die jetzige Situation auch als Aufforderungen, Neues zu gestalten und Prozesse anzustoßen, die vielleicht nicht sofort greifen werden, aber auf lange Sicht die ABW nach vorne bringen werden. Und damit bin ich ja nicht alleine. Das gesamte Team ist hungrig, zu gestalten. So viel zum Thema Lust für Visionen.

Um Visionen Wirklichkeit werden zu lassen, müssen wir uns allerdings auch Handlungsspielräume schaffen und dabei aber auch aufpassen, dass wir die Substanz erhalten. Finanziell werden daher die nächsten Jahre sicher noch eine Herausforderung darstellen.

HOTTE: Stimmt. Da haben einige Leute die Waldeck zum Glück in schweren Zeiten lebendig gehalten! Das ist nicht jedem Verein so gelungen. Wie können wir uns im erweiterten Mitgliederkreis demnächst auch wieder mehr einbringen?

HELGE: Die Möglichkeiten sind mannigfaltig. Bei den Veranstaltungen können wir immer helfende Hände gebrauchen. Vielleicht möchte das ein oder andere Vereinsmitglied auch Beiträge für den Newsletter oder das Köpfchen beisteuern. Denkbar sind natürlich auch die Unterstützung des Vereins durch Spenden, oder die Organisation eines Jour Fixe.
Vielleicht gibt es auch jemanden, der für Gremienarbeit Lust und Zeit aufbringen will. Und natürlich freuen wir uns auch, wenn jemand bei den Bauwochenenden tatkräftig hilft oder einfach nur den Getränkeumsatz nach oben treibt.

HOTTE: Na, da sollte doch für jeden was dabei sein!